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Thomas Mann: Süßspeisen und säuerliche Suppe

Thomas Mann (1875 - 1955) lässt in seinen Romanen und Novellen gern erlesenen Speisen und einem guten Tropfen Raum. Und seine Romanfiguren steigen auch schon einmal in einem Hotel ab. Gleich zwei Gründe also, mit Mann auf "Litera-Tour" zu gehen.

 

Löwenappetit im "Zauberberg"

 

Das Sanatorium in Davos, in das es im "Zauberberg" Manns Roman-Helden Hans Castorp verschlägt, ruft allerei Merkwürdiges bei Patienten wie bei ihren Gästen hervor. Die Speisen aber, die es dort gibt, können sich sehen lassen. Das erste Gericht, das Castorp zu sich nimmt, ein Abendessen, schildert Mann so: "Es gab Spargelsuppe, gefüllte Tomaten, Braten mit vielerlei Zutat, eine besonders gut bereitete süße Speise, eine Käseplatte und Obst." Dazu wurde Wein ausgeschenkt. Noch vielfältiger war das Frühstück am nächsten Tag: "Es gab da Töpfe mit Marmeladen und Honig, Schüsseln mit Milchreis und Haferbrei, Platten mit Rührei und kaltem Fleisch; Butter war freigebig aufgestellt, jemand lüftete die Glasglocke über einem tränenden Schweizer Käse, um davon abzuschneiden, und eine Schale mit frischem und trocknem Obst stand obendrein in der Mitte des Tisches." Zwischen Kaffee, Tee oder Kakao konnte man bei den Getränken wählen. Ähnlich opulent gestaltete sich das zweite Frühstück ein paar Stunden später. Castorp, der die hierbei übliche Milch nicht trinken möchte, fragt nach einem Glas Porter. Doch statt dessen wurde Kulmbacher Bier gebracht: "Es war dick, schwarz, braunschäumig und ersetzt den Porter aufs beste. Hans Castorp trank durstig davon aus einem hohen Halbliterglase." Zu Mittag gab es dann ein Essen, daß - "die nahrhafte Suppe eingerechnet" - aus "nicht weniger als sechs Gängen" bestand: "Dem Fisch folgte ein gediegenes Fleischgericht mit Beilagen, hierauf eine besondere Gemüseplatte, gebratenes Geflügel dann, eine Mehlspeise, und endlich Käse und Obst." Dabei wurde nicht geknausert: "Jede Schüssel wurde zweimal gereicht - und nicht vergebens." Von einem "Heißhunger" spricht Mann, ja: von regelrechtem "Löwenappetit".

 

Musterung durch den Portier

 

Interessant auch die Gebräuche in einem Lübecker Hotel, in dem Tonio Kröger aus der gleichnamigen Novelle Manns absteigt: "Da er zu Fuß kam, wurde er ohne viel Feierlichkeit empfangen." Ein Minuspunkt offenbar beim Personal, das die Anreise per Kutsche voraussetzt. Mann weiter: "Der Portier und ein sehr feiner, schwarzgekleideter Herr, der die Honneurs machte und beständig mit den kleinen Fingern seine Manschetten in die Ärmel zurückstieß, musterten ihn prüfend und wägend vom Scheitel bis zu den Stiefeln, sichtlich bestrebt, ihn gesellschaftlich ein wenig zu bestimmen, ihn hierarchisch und bürgerlich unterzubringen und ihm einen Platz in ihrer Achtung zuzuweisen." Sie gelangten allerdings zu keinem "beruhigenden Ergebnis" und entschieden sich "für eine gemäßigte Höflichkeit".  

 

Specksuppe à la Toni

 

Natürlich wird auch im Haus der Lübecker Kaufmannsfamilie Buddenbrook gut und gern gegessen. In seinem "Boddenbrooks" schildert Mann einen kulinarischen Streich, den die Tochter des Hauses, Toni, einem Prediger spielte, "dessen Appetit die allgemeine Freude erregte". Da ihre Mutter an Migräne litt, besorgte die jungen Frau die Wirtschaft und ordnete schalkhaft "Specksuppe" an - "das städtische Spezialgericht, eine mit säuerlichem Kraute bereitete Bouillon, in die man das ganze Mittagsmahl: Schinken, Kartoffeln, saure Pflaumen, Backbirnen, Blumenkohl, Erbsen, Bohnen, Rüben und andere Dinge mitsamt der Fruchtsoße hineinrührte". Dieses Mahl mundete dem Prediger gar nicht - und trotz einiger "Armeritter mit Apfelgelee" zum Nachtisch mußte er sich ungesättigt vom Tisch erheben.

 

Das Mann-Menü

 

Sicherlich: Dieser Eintopf wird einen außergewöhnlichen Geschmack haben. Aber vielleicht könnte man ihn doch in das Zentrum eines Mann-Menüs setzen - ein deftiges Angebot, dem ein wenig Rührei und kaltes Fleisch vorausgeht, und das mit Armen Rittern mit Apfelgelee beendet wird. Das Getränk dazu: ein dunkles bayrisches Bier.

 

Manfred Kellner

 

 

Frederick Marryat: Schiffszwieback und Schildkrötensuppe

 

Der englische Seeoffizier und Schriftsteller Kapitän Frederick Marryat (1792 bis 1848) verfasste zahlreiche Seeromane. Der im deutschen Sprachraum bekannteste ist sicherlich „Sigismund Rüstig“ – eine Robinsonade, die – für ein junges Publikum geschrieben – noch vielfach „für die Jugend bearbeitet“ wurde. Die Litera-Tour wird zum Segeltörn samt Schiffbruch …

 

Marryat schildert in diesem Roman den Schiffbruch der Familie Seagrave und ihren Überlebenskampf auf einer einsamen Insel. Als einziger Seemann ist Steuermann Rüstig – im Original: „Masterman Ready“ – ihnen treu geblieben und weiß so manchen Kniff und Trick, die Natur zu unterwerfen. Das wichtigste dabei: Eine Süßwasserquelle muss gefunden werden – und natürlich gelingt das dem Seemann.

 

Vom Zelt zum Haus aus Palmen

 

Klar auch, dass er als nächstes dann für Herberge sorgt: Nach der ersten Unterkunft in Zelten – fein säuberlich in Damen- und Herrenzelt unterschieden - baut er eigenhändig ein Haus aus Palmenstämmen. „Nach drei Wochen standen die Seiten des Hauses, dann wurde der Dachstuhl aufgesetzt, und das Dach deckte Rüstig mit Schichten von Palmenblättern.“

 

Schildkrötensuppe auf der einsamen Insel

 

Und auch für das leibliche Wohl ist gesorgt auf der Insel: Aus dem Wrack des Schiffes hatte man noch „Schiffszwieback, Pökelfleisch, Wasserfässchen, Säcke mit Mehl, Reis und ein Fass mit Rum“ geborgen, dazu Kaffee und Tee sowie lebende Schafe, Ziegen und Hühner. Eine solide Grundlage für die Ernäherung, doch bald kann man – dank Rüstig – auch auf einheimische Ressourcen zurückgreifen. Der alte Steuermann überrascht die Familie mit einer Schildkrötensuppe: „Er begab sich zu dem Ort, wo er einen Herd gebaut hatte, machte Feuer an, füllte den eisernen Topf mit Wasser und setzte ihn zum Kochen auf. Er schnitt nun ein Stück von der Schildkröte ab und tat es mit einigen Schnitten Schweinepökelfleisch in den Topf, deckte es gut zu und ließ es ohne weitere Aufsicht kochen.“ Gelegentlich schäumt er die Suppe ab, und verkündet dann der Familie: „Ein wahres Traktament hab’ ich heute für Sie – Sie werden heute wie Ratsherren schmausen!“

 

Um nicht ständig auf das Jagdglück angewiesen zu sein, legen Rüstig, Herr Seagrave und der älteste Sohn Willy nicht nur einen Fischteich an, sondern auch gleich eine Art Schildkrötengehege. Später fertig Rüstig Angelschnüre an, sodass der Speiseplan der Gestrandeten um Bratfisch erweitert wird, und die Hühner vom Schiff liefern Eier. Was diese Eier angeht, so scheint es da einen plötzlichen Rückschlag zu geben, doch Rüstig kommt Tommy, dem kleinen Sohn der Familie, schnell auf die Schliche: Der nämlich stibitzt die Eier, um sich alleine an ihnen gütlich zu tun.

 

Das Hohelied der Kokuspalme

 

Den Schiffbrüchigen munden natürlich auch die Kokusnüsse, die auf der Insel gesammelt werden können. Rüstig singt das Hohelied der Kokuspalme: „Zuvörderst hat man das Holz zum Hausbau, dann den Bast, um Seile, Schnüre, wohl auch Fischnetze daraus zu machen, dann die Blätter, mit denen man das Haus decken kann, ja sogar den eigenen Kopf, denn man macht gute Hüte daraus, und auch Körbe; ferner hat man die Frucht, eine angenehm schmeckende Nuss, auch zum Kochen gut zu gebrauchen. In der noch jungen Nuss ist die Milch genießbar; das Öl des Kernes kann man brennen und aus der Schale Trinkgefäße machen. Aus dem Stamme zieht man den Saft, den man Toddy nennt und der in frischem Zustand angenehm zu trinken ist, aber zu Kopf steigt, wenn man ihn lagern lässt. Auch bereitet man aus dem Toddy ein stark berauschendes Getränk, den Arrak.“ Da kann die Dame des Hauses nur noch sagen: „Ich danke für die Belehrung!“

 

Das Marryat-Menü

 

Wie aber könnte ein Menü á la Marryat aussehen? Als Vorspeise gibt es verlorene Eier à la Tommy, gefolgt von einer – heute natürlich falschen - Schildkrötensuppe Lady Seagrave, serviert mit Stücken vom Schiffszwieback. Nach einer Bratfischplatte wird dann auf einen Palmblatt Pökelfleisch mit Reis serviert. Den Abschluss bilden gut gekühlte Kokusnuss-Spalten – und ein Gläschen Arrak.                                                                                          

 

Manfred Kellner

 


George R. R. Martin: Wachteln, Reh und Wildschweinbraten

 

George R. R. Martins vielbändiges Epos „Game of Throns“ - in der deutschen Übersetzung „Das Lied von Eis und Feuer“ – spielt in einer fiktiven mittelalterlichen, zuweilen magischen Welt. Auch dort wird gefeiert, gegessen und getrunken – wie eine Litera-Tour zwischen Dorne im Süden und der Mauer im Norden, zwischen Sonnspeer und Schwarzer Festung, zwischen Sturmbucht und Bäreninsel zeigt.

 

Groß sind die Unterschiede, wie das einfache Volk auf der einen Seite sein Dasein fristet und wie auf der anderen Seite die Herrschaften schlemmen und prassen. Auf dem – wohlbemerkt gut sortierten - Markt der Hafenstadt Qarth werden gewürztes Wasser und Ziegelmilch angeboten, für die Seeleute gewürzte Liköre ausgeschenkt, und geradezu als besonderer Leckerbissen mit Honig bestrichene, geröstete Maus verkauft. Das reinste Wohlleben gegenüber der Handvoll Schwarzbrot und Käse, mit dem einfache Leute auskommen müssen, oder dem „kleinen Vorrat von Brot und Wasser und getrocknetem Fleisch“, den andere auf einer Flucht mitführen.

Ein typisches Burgessen dagegen: „Warmes Brot, frische Butter, eine dicke Rinderbrühe, Kapaun und Karotten - und zum Schluss Pfirsiche in Honig“. Oder: „Forelle mit Speck, Kohlrüben, roter Fenchel und Süßgras, Erbsen und Zwiebeln und warmes Brot“. Dazu gibt es Wein und Bier - gern in gewaltigen Mengen getrunken, mit den entsprechenden Folgen.

 

Hochzeitsmahl mit 77 Gängen

 

Doch auch das ist nichts gegen das Hochzeitsmahl für König Joffrey, das – trotz Hungersnot rund um die Burg herum – aus sage und schreibe 77 Gängen bestehen soll. Es beginnt mit Cremesuppe aus Pilzen und gebutterten Schnecken, gefolgt von einer Pastete gefüllt mit Schweinefleisch, Pinienkernen und Eiern. Dann folgen – begleitete von den Auftritten der Sänger und Gaukler - Speisen in Hülle und Fülle: Forelle mit Mandelkruste, gebratener Reiher, Zwiebel-Käse-Pasteten, Krebse, gehacktes Hammelfleisch in Mandelmilch, Fischtörtchen – und schließlich die fatale Taubenpastete, aus der beim Anschnitt hundert lebende Tauben hervorflattern – und an der der frisch vermählte König stirbt.

 

Nicht immer geht es üppig zu bei Hofe: So begnügt sich die Königin auch schon einmal mit „Haferbrei, Honig, Milch, gekochten Eiern und knusprig gebratenen Fisch“. Dann wieder isst sie gemeinsam mit ihrem Bruder Tyrion "Kastaniensuppe, knuspriges warmes Brot und Grüngemüse mit Äpfeln und Pinienkernen, Neunaugenpastete, Honigschinken, Karotten in Butter, weiße Bohnen mit Speck und gebratenen Schwan, der mit Pilzen und Austern gefüllt war.“ Der Bruder allerdings ist auf der Hut und nimmt nur von dem, was sie auch isst – aus Angst vor einem Giftanschlag.

 

Wurstteller und Mammutkeule

 

Ein wenig rustikaler geht es an der Mauer zu, die die Welt in diesem Epos vor den Geschöpfen der Finsternis schützt, die vom kalten Norden einzudringen drohen. Jon, Kommandant der Mauer, bekommt einen Teller mit einer Haube. Darunter fand er „drei gebratene Enteneier, eine Scheibe Speck, zwei Würste, Blutwurst und einen halben Laib Brot, der noch warm vom Ofen war.“ Den Speck stibitzt ihn prompt ein Rabe. „Wachtel, Reh und Wildschweinbraten“ bilden hier schon ein Festessen, das mit „gutem, leichten Met heruntergespült“ wird. Noch einfacher sind die Mahlzeiten der Wildlinge vor der Mauer – bei ihnen brutzelt beispielsweise eine Mammutkeule über dem Lagerfeuer.

 

Das Martin-Menü

 

Ein Game-of-Throns-Menü könnte starten mit einer Champignon-Cremesuppe à la Joffrey – gefolgt von einem Wurstteller nach Art des Kommandanten. Als Zwischengericht wird eine Forelle in Mandelkruste serviert und als Hauptgericht eine Schweinefleischpastete. Zum Dessert gibt es Pfirsiche in Honig. Während des Mahls werden Wein und gewürzte Liköre ausgeschenkt - und zwar reichlich.                                                                                                        

Manfred Kellner
 

 

 

Karl May: Bärentatzen, Bier und Bisonbraten

 

Ob als Old Shatterhand oder als Kara ben Nemsi, ob als Ich-Erzähler oder in der dritten Person, ob mit seinem roten Bruder Winnetou oder in Begleitung von Hadschi Halef Omar, ob in Amerika, Afrika oder Südosteuropa: Karl May macht jede Menge Erfahrungen mit Mahlzeiten und Herbergen.

 

Schon im ersten Winnetou-Band steht „Grizzly“ auf dem Speisezettel der Westmänner. Doch deren Lieblingszubereitungsweise von Bärentatzen ist nichts für den frischgebackenen Old Shatterhand – das Fleisch nämlich so lange aufzubewahren, bis es auch schon den Maden schmeckt ... Da lobt sich „Charley“ das frische Bärensteak vom Lagerfeuer – oder auch den Bisonbraten, für den Sam Hawkins sorgt. Später wird Old Shatterhand nach einer schweren Verwundung von Winnetous Schwester wieder aufgepäppelt – etwa mit „kräftigen Fleischbrühe mit Maismehl“.

    

Frühstück im Urwald

 

Frugal hört sich das Frühstück an, das im südamerikanischen Urwald zubereitet wird: „Es bestand aus gebratenem Fleische und neubackenem Maisfladen“, heißt es im Roman „In den Cordellieren“. Dort charakterisiert der Erzähler auch unterschiedliche Arten von Gasthäusern: „In Montevideo gibt es keine Restaurationen in unserem Sinne. Die Kaffeehäuser taugen nicht viel, ganz abgesehen davon, dass man da nicht Kaffee, sondern Mate, das ist Paraguaytee, zu trinken bekommt. Besser sind die sogenannten Confiterias, in denen man feines Gebäck, Eis und dergleichen bekommt.“

 

May scheint kein Zigarettenraucher gewesen zu sein – in „Am Rio de la Plata“ postuliert er: „Ein wirklicher Raucher, wenn er nicht Südamerikaner ist, mag von Cigaretten nichts wissen. Er will Tabak haben, aber nicht Papier.“

 

Verschiedene Grillgerichte

 

Im gleichen Buch beschreibt er den landesüblichen „Asado“: „Das Leibgericht des Gauchos ist ‚Asado con cuero’, Spießbraten in der Haut. Wird ein Rind oder ein Pferd geschlachtet, so schneidet sich der Gaucho ein Stück des noch dampfenden Fleisches samt der Haut ab, steckt es an ein Holz und hält es über das Feuer. Nun wartet er nicht etwa, bis das Stück ganz durchgebraten ist, sondern er bratet Bissen um Bissen. Dabei fährt er mit dem Fleische abwechselnd an den Mund und wieder an das Feuer und hantiert sich mit dem scharfen, langen Messer so vor der Nase herum, dass einem angst und bange um dieselbe werden wird, denn er beißt in das Fleisch, bevor er den Bissen abschneidet.“

 

In „Die Sklavenkarawane“ wird ein anderes Grillgericht beschrieben: Die Eingeborenen, heißt es da, „rupften die Hühner, nahmen sie aus und zerlegten das Fleisch in kleine, viereckige Stücke, welche, an zugespitzte Äste gespießt, über dem Feuer gebraten werden. In dieser Form und Weise zubereitet, wird das Fleisch Kebab genannt.“ Genau so schnell wird eine Gans zubereitet: geschossen, gerupft, ausgenommen und über dem Feuer gebraten.

 

Feuerwasser und Bier

 

Natürlich gibt’s bei May auch mal einen guten Schluck: Raki, Feuerwasser, Brandy ... Und immer wieder stößt man auf Bier. „Im Land der Skipetaren“ etwa findet Kara ben Nemsi einen Wirt, der selbst braut – nach deutschem Rezept: „Ich tat einen kühnen Zug, noch einen und - trank weiter. Dünn war es, außerordentlich dünn, Münchener Gebräu, mit dem fünffachen Volumen Wasser vermischt, aber es schmeckte doch nicht übel.“

 

Bier gab’s auch in „Old Surehand“, im Boardinghouse von Mutter Thick. Die erklärt: „Habe es gern, wenn meine Gäste Bier trinken; es ist besser und gesünder und auch anständiger als Brandy, der oft tolle Köpfe schafft.“

 

Das May-Menü

 

Ein echtes May-Menü könnte so aussehen: Fleischbrühe nach Apatschen-Art als Vorsuppe. Den Hauptgang bildet Bärensteak à la Charley oder Asado auf Gaucho-Art, jeweils mit Maisfladen à la Cordellieren. Zum Nachtisch gibt’s feines Gebäck und Eis nach der Art Montevideos. Als Getränk wird Bier serviert und zum Abschluss ein Gläschen Feuerwasser. Wer mag, kann eine Zigarre dazu rauchen.

                                                                                              

Manfred Kellner

 

 

Walter Moers: Die 13½ Speisen des Käpt’n Blaubär

 

Über 13½ Leben von den 27, die einem Blaubären vergönnt sind, berichtet uns Käpt’n Blaubär in seinen Memoiren, die ein gewisser Walter Moers aufgeschrieben hat. Liest man diesen Roman unter kulinarischen Gesichtspunkten, so kommt man – bei ein wenig gutem Willen – auf 13½ Speisen, mit denen uns der Blaubär bekannt macht.

 

Von den Zwergpiraten ...

 

Klein sind die Mahlzeiten, die der junge Blaubär bei den Zwergpiraten erhält – denn Plankton, magere Fische und Algen sind die Nahrungsgrundlage seiner Gastgeber. Die haben immerhin „400 Zubereitungsarten“ dafür entwickelt – „von Alge natur bis zum hochkomplizierten Soufflé“. Blaubär gedeiht prächtig bei dieser Kost.

 

Nur wenig üppiger geht es in seinem zweiten Leben zu: Von Nüssen, Beeren, Bananen und Quellwasser ernährt er sich bei den Klaubautergeistern. Die selbst leben von der Angst und dem Schrecken, in die sie andere versetzen – das mag als halbe Speise gelten.

 

... über die Feinschmeckerinsel ...

 

Blaubär setzt sich ab und zehrt auf seiner Flucht von seinen Kokosnussvorräten. Doch als er auf die Feinschmeckerinsel kommt, beginnt ein fettes Leben: Hier fehlt es ihm an nichts – wie im Schlaraffenland wachsen die köstlichsten Speisen um ihm herum. In der Mitte der Insel etwa liegt ein Teich mit siedendem Öl, in das die am Rand wachsenden Pflanzen ihre Kelche tauchen und sie dann als gebratene Kartoffeln von Blaubär essen lassen. Das Angebot ist so vielfältig, dass der Bär neben Frühstück, Mittag und Abendessen neue Mahlzeits-Termine und -Bezeichnungen erfinden muss. Doch wen wundert’s, dass dieses „Paradies auf Erden“ in Wirklichkeit eine böse Falle ist, der Blaubär nur mit Müh und Not entkommen kann?

 

Bei seinem Retter, dem Rettungssaurier Deus X. Machina, ernährt sich Blaubär von Obst, Gemüse und dem Ratschlag,  „soweit wie möglich auf fleischliche Ernährung zu verzichten“.

Das aber geht schon auf seiner nächsten Station, auf Prof. Nachtigallers Nachtschule, nicht. Dort leben die Schüler von Ölsardinen – und da es nichts anderes gibt, entwickeln sie die Fähigkeit, die Sardinen auf die phantasievollsten Arten zuzubreiten.

 

Das nächste Leben: im Großen Wald. Dort bekommt Käpt’n Blaubär wieder große Probleme, doch an seiner Nahrung kann es nicht liegen. Sie besteht hier aus Beeren, Nüssen, Kastanien, einem Bündel Löwenzahn und Quellwasser. Der Traum von einem süßen Bärenmädchen aber wird ihm fast zum Verhängnis.

 

... und der Süßen Wüste ...

 

In der „Süßen Wüste“ steht neben dem Zuckersand hauptsächlich der Gimp auf dem Speiseplan – ein blauer Kaktuspilz, den die Gimpel essen und der, so berichtet uns Blaubär, geschmacklich zwischen Thunfisch und Schweinebraten angesiedelt ist.

 

Das ist die reinste Schwelgerei gegenüber dem Essen in der Tornadostadt mit ihren vergreisten Bewohnern: leichtverdaulicher Haferschleim und Tee ist hier die beliebteste Nahrung.

 

In Atlantis erlebt Käpt’n Blaubeer wieder einmal einen kulinarischen Höhepunkt – und kreiert in der Hoawief-Pizzeria seine eigene Pizza – die „Doppelpizza Blaubär“, bei der zwei Pizzen hergestellt und miteinander belegt werden müssen.

 

... bis zum "großen Wald"

 

Klar, das die nächste Lebensstation des Bären wieder magerer ausfällt: Einen „Kanten Brot und einen Napf Wasser“ erhält er auf dem Riesendampfer „Moloch“, auf den er verschleppt wurde.

Doch alles endet gut: Käpt’n Blaubär lebt im Großen Wald mit dem wunderschönen Bärenmädchen zusammen, von dem er schon früher geträumt hat – und sorgt dafür, dass, wie in seinem Traum, immer Knödel und Soße auf dem Herd köcheln.

 

Das Moers-Menü

 

Ein Menü à la Blaubär könnten so aussehen: Als Vorspeise gibt es Klabauter-Müsli aus Nüssen, Beeren, Bananen und Quellwasser , angemacht mit dem Zuckersand aus der Süßen Wüste. Das Hauptgericht bildet eine Atlantis-Doppel-Pizza Blaubär. Und zum Nachtisch nascht man ein wenig Obst nach der Art von Deus X. Machina.                                                    

Manfred Kellner

 

 

 

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