Diese "Advents-Kalender-Vorlese-Geschichte" ist auch als "Advents-Kalender-Vorlese-Bastel-Malbuch" im Buchhandel zu erhalten. ISBN: 978-3-7375-6541-7.
Tief im Wald, unter der Wurzel einer Eiche, die weit über hundert Jahre alt ist, versteckt unter dicken Schichten von Moos und trockenem Laub, da also, wo kaum ein menschliches Auge hinsieht, dort liegt der Eingang zur Höhle der Wichtel.
Wenn man den Moosvorhang zur Seite schiebt, gelangt man durch einen langen Erdgang in den Wohnraum der Wichtel. Hier steht ein kleiner Tisch aus blankem Eichenholz samt Hockerchen für die ganze Familie, an der Ostwand der Höhle flackert ein Feuer in einem Kamin, und gegenüber an der Westwand führt eine Tür zu den anderen Höhlenräumen. Da gibt es noch einen Schlafraum für die beiden Wichteleltern, ein Zimmer für das Wichtelkind, eine Vorratskammer und - ganz besonders wichtig - eine Küche. Denn gutes Essen ist für die Wichtel ganz, ganz wichtig, sie kochen und backen für ihr Leben gern, und genauso gern essen und trinken sie gut.
Aber zurück zum Höhleneingang! Was tut sich da? Was raschelt da im Unterholz? Wer kommt da der Wichtelhöhle nahe? Freund oder Feind?
Keine Angst! Ein Wichtel ist es, der da durchs Unterholz kommt, Wichtel Wutz, mit seinem spitzen roten Hut, seinem grünen Wams und seiner dunklen Hose. Auf dem Rücken trägt er einen schweren Rucksack, denn er war auf der Suche nach etwas Essbaren - im Winter eine besonders schwere Arbeit.
Aber was soll Wutz machen? Bei den Wichteln ist es nun einmal so geregelt, dass der Wichtelvater Tag für Tag hinaus wandern muss, um das Essen für die Familie zu
besorgen: frische Knospen im Frühjahr, Blütenblätter im Sommer, Pilze und Früchte im Herbst - immer so viel, dass für den Winter auch noch etwas übrig bleibt, das im Vorratsraum der Höhle gesammelt
wird. Denn wenn es kalt wird, gibt es in der Natur nur selten etwas Frisches.
Doch heute hatte Wutz Glück. Vogelbeeren hat er noch gefunden, Vogelbeeren, die es um diese Jahreszeit eigentlich gar nicht mehr gibt - eine Delikatesse für Wichtel. "Watza und Wotzchen werden sich
freuen!" murmelt Wutz und schiebt den Moosvorhang zur Seite, der den schmalen Höhleneingang verbirgt.
Wohlige Wärme schlägt ihm entgegen, denn seine Frau Watza hat ein lustiges Feuerchen aus Tannenzapfen Schuppen entfacht - die verbrennen mit großer Hitze und ohne Rauch, sodass ein Wichtelfeuer nie zu sehen ist. Und da sitzt sie auch schon im Wohnraum der Höhle, an dem Eichentisch, auf dem bereits ein Gericht aus getrockneten Pilzen dampft.
Auch Wichtelfrau Watza trägt eine rote Mütze, ein grünes Wams und dunkle Hosen, doch wirkt sie viel anmutiger und zarter als ihr Wichtelmann. Dazu trägt sie eine wunderschöne Kette um den Hals, eine Kette, die ihr Wutz aus Blütenstaub von Rosen angefertigt hat.
In der Wichtelküche, da ist Watza zu Hause! Dort brutzelt sie Pilze, hackt Wurzeln, trocknet Obststücke, kocht und backt. Überall stehen Vorräte in kunstvoll
zusammengelegten Blättern, in kleinen Krügen, die sie selbst töpfert, und in Körben, die sie gemeinsam mit ihrem Sohn Wotzchen geflochten hat. Erwartungsvoll blickt sie jetzt zum Höhleneingang - hat
Wutz vielleicht einen Leckerbissen gefunden? Und auch Sohn Wotzchen ist gespannt. Wer weiß, was der Wichtelvater heute mitbringt?
Wotzchen ist neugierig - kein Wunder, denn mit seinen siebenundzwanzig Jahren zählt er bei den Wichteln noch zu den ganz kleinen Kindern, und die müssen nun einmal auf
ihre Weise die Welt entdecken. Und so löchert er seine Mutter und seinen Vater immer wieder mit neuen Fragen: "Wo gehstu hin?", "Wo kommstu her?" "Warum machstu das so?" "Warum smecken Pilze so und
Äpfels so?" oder auch "Wo geht der Tag hin, wenni Nacht kommt?"
Angezogen ist der kleine Wotzchen so ähnlich wie ein alter Wichtel - nur dass seine Mütze grün ist und sein Wämschen rot. Erst wenn ein Wichtel hundertelf Jahre alt
geworden ist, darf er das Zeug der Erwachsenen anziehen.
Aber das ist für Wotzchen noch so lange hin, dass er daran gar nicht denken kann. Jetzt freut er sich darauf, in drei Jahren in den Wichtelgarten zu kommen und mit vielen
anderen jungen Wichteln zusammen die Anfangsgründe des Lesens zu erlernen - des Beerenlesens natürlich, denn das Lesen von Spuren und das Lesen der geheimen Botschaften des Waldes lernen die Wichtel
erst viel später in der Wichtelschule.
Jetzt aber jubelt der Kleine laut, als sein Vater den Rucksack öffnet. "Vogelbeeren hastu funden!" ruft er, und auch Watza freut sich über den Leckerbissen. "Das wird ja
ein richtiges Festmahl", meint sie. "Pilze und Beeren!"
Doch da klopft es oben am Höhleneingang - einmal, zweimal, dreimal. "Wer kann das sein?“, fragt Wutz. "Ich will doch lieber hinaufgehen und nachsehen." Einen Augenblick
später kommt er zurück, einen alten, ehrwürdigen Wichtel im Arm, einen Wichtel mit roter Mütze, grünem Wams und dunkler Hose, aber mit einem gewaltigen weißen Bart. "Hotz kommt zu Besuch", ruft Wutz.
"Dein Patenonkel Hotz, mein lieber Wotz."
Alle vier machen es sich am Tisch gemütlich, sprechen den Pilzen und den Beeren zu und plaudern. Schließlich fragt Wotzchen: "Weißu nicht was Neues?" Und da schlägt sich
Hotz an die Stirn. "Natürlich, deshalb bin ich doch zu euch gekommen! Heute auf meiner Wanderung, da habe ich etwas gesehen, das noch kein Wichtel gesehen hat. Und zwar in einem Haus der Menschen
..." "Der Menschen?" fragt Wotzchen und fordert: "Erzählas uns!"
"Ich pirsche so durch den Wald", beginnt Hotz seine Geschichte zu erzählen, "da höre ich einen gewaltigen Krach: Schlagen, Hauen, Splittern - fürchterlich. Ich schleiche
näher heran, und da sehe ich einen Menschen ..." "Huuh, einen Menschen hastu sehen", gruselt sich Wotzchen, doch Wutz unterbricht: "Fürchte dich nicht, mein Sohn, du siehst ja, dass Hotz
nichts passiert ist." Hotz nickt: "Na, klar, ich lasse mich doch nicht von einem Menschen fangen!" Und er fährt fort: "Der Mensch war gerade damit fertig, eine Tanne zu fällen. Die lud er auf einen
Schlitten und zog damit zu seinem Haus."
Watza nickt: "So machen die Menschen Feuerholz. Für die sind Tannenzapfen-Schuppen zu klein." Doch Hotz schüttelt den Kopf: "Das hab ich zuerst auch gedacht. Doch als ich
in die Stube des Hauses hinein sah, wurde da der Baum aufgestellt - so wie er im Wald stand. Und die Menschen hängten schimmernden Schmuck an seine Zweige, glitzernde Bänder und dann auch noch
Lichter." Hotz weidet sich an dem Staunen der anderen Wichtel. "So schmücken die Menschen nämlich ihre Häuser für das Weihnachtsfest!" - "Oh!" ruft da Wotzchen begeistert. "Da habich eine ganz feine
Idee!"
"So eine Schimmertanne möchtich auch haben!“, fordert Wotzchen. "Mit Schimmer und Glitzer und Lichtern!" - "Und vielleicht auch noch mit einer goldenen Spitze!"
unterbricht Wutz seinen Sohn. "Wo kämen wir denn als ehrliche Wichtel hin, wenn wir jeden Unfug nachahmen würden, den uns die Menschen vormachen? Wir wären bald keine Wichtel mehr, sondern nur noch
kleine Menschen!" Watza und Hotz nicken: "So ist es!" Doch Wotzchen fängt an zu weinen: "Willich so eine Schimmertanne haben!“, schluchzt er. "Ohne Schimmertanne istas ganze Weihnachten
nichts!"
"Sieh mal, mein Sohn", redet Wutz auf sein Kind ein, "sieh mal, eine Tanne ist doch viel, viel zu groß für unsere Höhle. Wie sollen wir die denn hier hereinbekommen!" Wotzchen stampft mit dem Fuß auf: "Weißich nicht. Irgendwie. Mußtu einfach reinkriegen!" Jetzt mischt sich auch Watza ein. "Hör mal, Wotzchen, woher sollen wir denn all das Schimmerzeug und die Glitzersachen bekommen? So etwas haben wir Wichtel doch nicht, das haben nur die Menschen." Doch Wotzchen schüttelt den Kopf: "Weißich nicht. Mußtu irgendwo holen! Und auchie goldene Spitze. Die mußtu auch holen!"
Stunden später haben Wutz, Watza und Hotz den kleinen Wotzchen so weit beruhigt, dass er ins Bett gesteckt werden kann. Doch bevor er einschläft, sagt er noch: "Willich
auch so eine Schimmertanne haben!"
Wutz macht Hotz Vorwürfe: "Du mit deinen komischen Geschichten. Siehst du, was du angerichtet hast? Wotzchen ist völlig durcheinander. Der braucht jetzt Tage, um diese
dumme Schimmertanne zu vergessen. Und das alles, weil du dir immer so einen Unsinn ausdenken musst!" Da protestiert Hotz aber: "Unsinn ist das vielleicht - wie alles, was die Menschen machen. Aber
ausgedacht habe ich mir das nicht. Ich hab' mit eigenen Augen gesehen, wie die Menschen die Tanne in ihrem Haus geschmückt haben ..."
"Aber deswegen musst du Wotzchen doch nicht gleich einen Floh ins Ohr setzen!" schimpft Watza. "Hoffentlich vergisst der Kleine die ganze Geschichte schnell wieder. Wutz,
du musst ihn morgen früh gleich mitnehmen auf die Nahrungssuche, das lenkt ihn sicher ab." Da hören sie ein schwaches, klägliches Wimmern aus dem Zimmer von Wotzchen.
"Was ist denn das?“, fragt Watza besorgt und stürzt in das Zimmer von Wotzchen. Der kleine Wotz liegt da auf seinem Bett, das Köpfchen so rot wie die Mütze eines
erwachsenen Wichtels, mit Schweißperlen auf der Stirn. "Wotzchen, was ist mit dir?" fragt Watza unruhig, und der Wichteljunge antwortet schwach mit geschlossenen Augen: "Mir ißo slecht, ßo heiß ..."
Und dann schlägt er die Augen auf, sieht seine Mutter an und sagt: "Möchtich so einen Schimmerbaum ..."
"Das ist das Wichtelfieber!" stellt Watza fest - das Wichtelfieber, das besonders kleine Wichtel bekommen, wenn sie sich zu sehr aufregen. "Und zwar ein ganz schwerer
Anfall von Wichtelfieber!“, stellt Wutz fest, und Hotz nickt: "Jetzt müssen wir uns aber etwas einfallen lassen!"
"Du musst dir etwas einfallen lassen, mein lieber Hotz!“, antwortet Watza. "Schließlich haben wir dir ja den ganzen Schlamassel zu verdanken." Etwas gequält lächelt der
Patenwichtel: "Ja, ja, ist ja schon gut. Ich weiß, wie wir das Wichtelfieber vertreiben können. Das ist nicht so schwer. Aber dann dafür zu sorgen, dass es nicht wiederkommt, das wird eine ganz
schwere Arbeit."
"Wie meinst du das?“, fragt Watza interessiert. "Ich tue alles dafür, dass Wotzchen kein Fieber mehr hat!" Wutz nickte: "Ja, ich auch!" - "Dann ist es ja gut", meint
Hotz. "Wir müssen Wotzchen nur versprechen, dass er Weihnachen seinen Schimmerbaum bekommt. Das ist der leichte Teil. Aber dann müssen wir auch dafür sorgen, dass wir wirklich einen solchen Baum
hierher bekommen. Das wird die eigentliche Arbeit sein."
Die drei Wichtel sehen einander an. Wie sollen sie einen Tannenbaum auch nur in die Nähe der Wichtelhöhle bekommen? Und dann auch noch in die Höhle hinein? Und womit soll
er dann geschmückt werden? Fragen über Fragen! Und keiner der drei hat die geringste Idee, wie die Antworten aussehen könnten. Doch das erneute Wimmern aus Wotzchens Zimmer gibt den Ausschlag: Watza
und Wutz laufen an das Bett des Wichtelkindes, streicheln es, wischen ihm den Wichtelfieberschweiß von der Stirn - und versprechen: "Wotzchen, hör gut zu: Du bekommst deinen Schimmerbaum. Großes
Wichtelehrenwort!"
Da schlägt Wotzchen die Augen auf und fragt: "Wie machtir das denn?"
"Ja, wie machen wir das denn?" greift Wutz die Frage seines Sohnes auf, nachdem Wotzchen - jetzt schon viel ruhiger - endlich eingeschlafen ist. "Stellt euch nur einmal
vor: So eine Tanne ist zigmal so groß wie wir. Sie steckt in der Erde fest. Zwanzig Wichtel können sie nicht bewegen. Und unsere Höhle ist viel zu klein für den Riesenbaum. Wenn ich noch lange
darüber nachdenke, bekomme ich auch noch das Wichtelfieber!"
"Ich könnte ja eine Tanne auf die Tischplatte malen, eine bunte, schimmernde Tanne natürlich", schlägt Hotz vor. "Die stellen wir dann in eine Höhlenecke und schon haben
wir den Schimmerbaum." Watza schüttelt den Kopf. "Was wir dann haben, das ist ein neuer Anfall von Wichtelfieber! Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sich Wotzchen mit einem aufgemalten Baum
abspeisen lässt. Nein, wir werden auf Biegen und Brechen einen richtigen Baum bekommen müssen."
Wieder schauen die drei einander an. "Ich weiß keinen Rat", seufzt Wutz. "Aber ich!“, meint Watza da plötzlich. "Wenn uns nichts einfällt, fragen wir doch einfach die
Tiere des Waldes! Die wissen bestimmt etwas!"
Wutz und Hotz stimmen der Idee von Watza sofort zu: "Jawohl, das machen wir! Das ist die Lösung! Die Tiere des Waldes haben sicherlich einen Rat für uns!"
"Aber wir sollten jetzt nicht einfach so drauflos fragen", sagt Watza. "Lasst uns erst einmal überlegen, wen wir fragen, damit wir auch möglichst schnell Erfolg haben.
Schließlich wissen nicht alle Tiere gleich gut Bescheid." Wutz nickt: "Klar. So eine Ameise zum Beispiel kennt nur ihre engste Umgebung - größere Tiere dagegen kommen mehr herum." - "Stimmt!" sagt
Watza. "Deshalb müssen wir auch ganz überlegt vorgehen!"
"Das schlauste Tier im Wald ist der Fuchs", meint Hotz. "Deshalb sollten wir ihn als allerersten befragen." Hotz und Watza sind einverstanden. "Und wenn wir schon einmal
beim Fuchs sind, können wir auch in den Dachsbau nebenan hineinsehen, denn auch der Dachs weiß vieles." Wieder nicken Hotz und Watza, doch als Wutz jetzt einfach losgehen will, stoppt ihn seine Frau.
"Du hast den Uhu vergessen - der ist noch klüger als der Fuchs!" - "Natürlich!" ruft Hotz. "Wenn Fuchs und Dachs nicht weiter wissen, ist immer noch der Uhu da!"
Die drei machen sich auf zum Fuchsbau. "Lieber Fuchs", sagen sie, "unser Wotzchen hat ganz schlimmes Wichtelfieber, und er kann nur geheilt werden, wenn wir eine
Weihnachtstanne, so eine wie sie die Menschen haben, in unserer Höhle aufbauen. Weißt du da nicht einen guten Rat?"
"Eine Weihnachtstanne?“, fragt der Fuchs ungläubig. "Aber so eine Tanne ist doch riesengroß. Die bekommt ihr doch gar nicht in eure Höhle hinein. Und wie wollt ihr sie
schmücken?" - "Eben das wollen wir ja von dir wissen, lieber Fuchs", sagt Watza. "Denn du bist eines der schlausten Tiere im Wald. Wir haben gedacht, du kannst uns helfen." Doch der Fuchs schüttelt
nur ratlos den Kopf. "Nein, meine lieben Wichtel", sagt er, "da weiß ich mir auch keinen Rat. Einen Tannenbaum in eine Wichtelhöhle bringen - das hat ja noch niemand geschafft." - "Das hat ja auch
noch niemand versucht!“, sagt Wutz. "Und wir werden es versuchen, denn sonst wird Wotzchen das Wichtelfieber nie mehr los und muss elend zugrunde gehen. Komm mit, Fuchs, wir gehen zum Dachs,
vielleicht weiß er einen Rat."
"He, Meister Dachs! Komm heraus aus deinem Bau! Wir brauchen Deine Hilfe!" ruft Hotz in die Öffnung der Dachshöhle hinein. Doch der Dachs rührt sich nicht. Stattdessen
kommt eine Maus herausgetippelt. "Was ist denn los?“, piepst sie. "Was gibt's denn Wichtiges?" - "Ach, Mäuschen", sagt Watza, "unser Wotzchen hat ganz schlimmes Wichtelfieber, und er kann nur geheilt
werden, wenn wir eine Weihnachtstanne, so eine wie sie die Menschen haben, in unserer Höhle aufbauen. Weißt du da nicht einen guten Rat?" Da schüttelt die Maus den Kopf und sagt: "Nein, da weiß ich
keinen Rat. Aber ich will gern zum Dachs hinunterlaufen und ihn wecken. Er hält nämlich gerade seinen Winterschlaf."
Die drei Wichtel warten eine ganze Weile, dann erscheint der Dachs völlig verschlafen in seinem Höhleneingang. "Was gibt's denn so Eiliges, dass es nicht bis zum Frühjahr
warten kann?“, fragt er unwillig. Und Hotz antwortet: "Unser Wotzchen hat ganz schlimmes Wichtelfieber, und er kann nur geheilt werden, wenn wir eine Weihnachtstanne, so eine wie sie die Menschen
haben, in unserer Höhle aufbauen. Weißt du da nicht einen guten Rat?" Doch auch der Dachs schüttelt den Kopf - und so begeben sich Wutz, Watza, Hotz, der Fuchs, die Maus und der Dachs auf die
Suche nach dem Uhu.
Ganz oben, im Wipfel einer riesigen Buche, wohnt der Uhu. Schwer, ganz schwer fällt es den Wichteln, auf den hohen Baum zu klettern, aber endlich sind sie angekommen.
"Was wollt ihr denn hier oben?“, fragt der Uhu erstaunt, als er die kleinen Wichtel erblickt. Diesmal antwortet Wutz: "Unser Wotzchen hat ganz schlimmes Wichtelfieber, und er kann nur geheilt werden,
wenn wir eine Weihnachtstanne, so eine wie sie die Menschen haben, in unserer Höhle aufbauen. Weißt du da nicht einen guten Rat?"
"Eine Tanne für die Wichtelhöhle. Schwierig", brummt der Uhu, "schwierig, aber nicht unmöglich." Da blicken die Wichtel auf: "Nicht unmöglich? Das ist gut!" Und Wutz
fragt: "Wie sollen wir das denn anstellen?" Der Uhu überlegt einen Augenblick, dann sagt er: "Drüben, auf der anderen Seite des Waldes, ist eine Baumschule der Menschen. Da gibt es auch ganz kleine
Tannen. Aber diese ganz kleinen Tannen sind für euch immer noch viel zu groß. Deshalb müsst ihr die Spitze einer dieser ganz kleinen Tannen abschneiden - und die bringt ihr dann als Weihnachtsbaum in
eure Höhle." - "Ja, das ist eine gute Idee!" freut sich Watza. "Aber, lieber Uhu: Wie sollen wir denn die Spitze abschneiden?"
"Wie ihr die Spitze abschneidet? Das wird sich später finden", sagt der kluge Uhu nur. "Jetzt müssen wir uns auf den Weg machen!" - "Du kommst mit uns?" fragt Wutz
freudig. "Aber klar doch", nickt der Uhu. "Das interessiert mich jetzt, wie die ganze Geschichte weitergeht."
Mühsam klettern die Wichtel wieder vom Baum herunter, und dann machen sich Wutz, Watza, Hotz, der Fuchs, die Maus, der Dachs und der Uhu auf den Weg. Der Uhu führt sie an
den Fluss - zum Bau des Bibers. "Hallo, Biber!“, ruft er, und als der Biber herangeschwommen kommt, erzählt er ihm die Geschichte: "Das Wichtelkind Wotzchen hat ganz schlimmes Wichtelfieber, und es
kann nur geheilt werden, wenn wir eine Weihnachtstanne, so eine wie sie die Menschen haben, in der Wichtelhöhle aufbauen. Die holen wir aus der Baumschule da drüben. Und dich brauchen wir als
Holzfäller!"
"So, so", brummt der Biber. "Wichtelfieber. Na, da muss man ja wohl helfen. Es wird ja wohl auch nicht so lange dauern. Denn ich muss ja wohl schnell wieder zurück an
meine Arbeit. Schließlich bin ich nicht nur Holzfäller, sondern ja wohl auch Dammbauer."
Und so machen sich Wutz, Watza, Hotz, der Fuchs, die Maus, der Dachs, der Uhu und der Biber auf zur Baumschule. Der Zaun, der das Gelände umgibt, ist für sie kein
Problem: Der Dachs gräbt einfach einen Tunnel darunter durch. Dann halten sie Ausschau nach der schönsten Tannenspitze.
"Die da!“, ruft Watza plötzlich und deutet auf eine wunderschöne Tanne mit einer noch schöneren Spitze. Doch leider: Die Spitze ist so hoch, dass der Biber nicht an sie
herankommt. "Da werdet ihr euch ja wohl was einfallen lassen müssen", meint er. "Allein komme ich da ja wohl nie dran!" Der Uhu denkt so scharf nach, dass man es ihm direkt ansehen kann - u0nd dann
ruft er: "Ich hab's!"
Was dann kommt, hat noch niemand im Wald gesehen: Zunächst legt sich der Dachs neben die Tanne; auf ihn klettert der Fuchs herauf und auf den Fuchs der Biber; die Wichtel
stützen diese Pyramide von allen Seiten ab. Aber jetzt kann der Biber die Spitze abnagen und er legt sich mächtig ins Zeug. "In so einer Höhe hat ja wohl noch nie jemand gearbeitet",
brummt er. Und dann ist es auch schon soweit: Die Spitze fällt zu Boden.
"So weit hätten wir es!" freut sich der Uhu. "Jetzt müssen wir hier nur noch mit der Tannenspitze wegkommen." - "Das sollte doch kein Problem sein", meint Wutz. "Ich
nehme den Baum vorn und Hotz hinten - und dann tragen wir ihn heim."
Doch das ist leichter gesagt als getan. Die Tannennadeln stechen die Wichtel in ihre Hände, sodass sie den schönen Baum schnell wieder fallen lassen. "Na, gut", sagt da der Fuchs, "der Uhu hat die Idee gehabt, der Dachs hat den Tunnel gegraben, die Maus hat den Dachs geweckt, der Biber hat die Tanne gefällt, die Wichtel haben uns alle zusammengetrommelt - nur ich hab' noch nichts Richtiges zu dem ganzen Unternehmen beigesteuert. Also nehme ich jetzt den Baum!"
Und so geschieht es. Die Wichtel heben die Tannenspitze auf den Rücken des Fuchses, stützen sie ab - und langsam setzen sich alle in Bewegung. Schwierig ist es, das Gleichgewicht zu halten, ständig droht der Baum abzurutschen - wenn auch das Mäuschen immer wieder vorläuft, um den besten Weg auszukundschaften. "Wenn wir doch nur schon den Tunnel unter dem Zaun hinter uns hätten!“, seufzt Watza. "Hoffentlich passiert nichts mehr!"
"Was ist denn das für eine komische Karawane!“, dröhnt den Wichteln und den Tieren plötzlich eine laute Stimme in den Ohren. "Ein Mensch!“, flüstert Watza entsetzt, und
der Uhu erklärt hastig: "Das ist der Wächter der Baumschule. Ich hatte gehofft, dass er uns nicht bemerkt. Jetzt müssen wir sehen, dass wir hier fortkommen!"
Da ertönt auch schon der schwere Schritt des Menschen ganz in ihrer Nähe. Rücksichtslos trampeln seine gewaltigen Füße Sträucher und Wurzeln nieder, kommen näher und
näher. "Nichts wie weg!“, ruft Wutz, und alle springen auf. Der Fuchs trägt immer noch die Tannenbaumspitze, denn nach so viel Mühe soll sie doch nicht einfach zurückgelassen werden, aber
natürlich verzögert die Last die Flucht. Deshalb kommt der Mensch auch immer dichter heran, und wieder dröhnt seine fürchterliche Stimme in ihren Ohren. "Gleich hab ich euch, ihr
Tannenbaum-Diebe!"
"Was sollen wir tun?“, piepst die Maus ganz außer Atem, doch der Dachs, der als einziger auf die Richtung dieser wilden Jagd geachtet hat, flößt der ganzen Gesellschaft
wieder Hoffnung ein: "Nur noch ein ganz kleines Stück, dann sind wir in Sicherheit!"
"Los, Uhu flieg doch weg, dann kann dich der Mensch ja wohl nicht fangen!“, ruft der Biber, der jetzt auch die Gegend erkannt hat, in die sie ihre Flucht geführt hat.
"Viel Glück!" antwortet der Uhu und fliegt auf. "Wir sehen uns an der Wichtelhöhle wieder!" Wutz, Watza, Hotz, die Maus, der Fuchs und der Biber folgen dem Dachs, der zielsicher weiterläuft.
"Diebesgesindel, ich werd' euch die Suppe versalzen!“, droht wieder die Menschenstimme - ganz, ganz nah. Dann taucht auch noch der Baumschulzaun vor den fliehenden Wichteln und Tieren auf. "Wir sind
in der Falle!“, ruft Hotz und will umkehren, doch der Dachs schubst ihn einfach weiter. Und dann sehen sie, wohin er sie geführt hat: direkt zu dem Tunnel, durch den sie vor Kurzem gekommen
sind.
Einer nach dem anderen schlüpft in den Tunneleingang - und alle sind wie vom Erdboden verschluckt. "Wo ist denn die ganze Bande abgeblieben!“, dröhnt die Menschenstimme
direkt über ihnen. "So ein Mist. Die sind weg!" Und dann entfernen sich die schweren Schritte wieder. Wichtel und Tiere atmen auf. "Schlimmer kann es jetzt nicht mehr werden", meint Wutz nach einer
kurzen Atempause unter der Erde. "Kommt, lasst uns zu unserer Höhle gehen!"
Und in der Tat: Zwar sind Wichtel und Tiere müde von ihrem Abenteuer, und der Weg zurück kommt ihnen ganz, ganz lang vor, doch sie müssen keine Gefahren mehr bestehen.
Nur, dass die Tannenbaumspitze immer wieder vom Rücken des Fuchses heruntergleitet und dann neu aufgeladen werden muss. Aber das sind für alle willkommene Ruhepausen. Endlich sehen sie die alte
Eiche, unter deren Wurzel die Wichtel ihre Höhle gebaut haben.
Vor dem Eingang sitzt der Uhu - und Wotzchen, der schon die ganze Geschichte gehört hat. Sein Wichtelfieber ist wie weggeblasen. "Da habtir ja einen schönen Baum", freut
er sich, "und den kriegtir auch in die Höhle!" Doch dann überlegt er einen Augenblick: "Willich aber doch eine Schimmertanne. Habtir gar keinen Schimmer mitgebracht! Willich eine Schimmertanne haben,
Willich ..."
"Nur ruhig, Wotzchen!“, unterbricht ihn Watza voller Angst, dass das Wichtelfieber zurückkehrt. "Nur Geduld, du wirst schon sehen: Unser Baum wird die schönste
Schimmertanne auf der Welt! Dafür sorgen wir alle gemeinsam. Ganz bestimmt!" Da fragt Wotzchen wieder: "Wie machtir das denn?"
"Ja, wie machen wir das denn?“, fragt Wutz, nachdem Wotzchen wieder zu Bett gebracht wurde und alle am Eichentisch in der Wichtelstube zusammensitzen. "Hotz, erzähl uns
doch noch einmal, was du an dem Baum der Menschen gesehen hast!" Hotz überlegt einen Augenblick, dann zählt er auf: "Schimmernder Schmuck hing an den Zweigen, glitzernde Bänder, bunte Äpfel und auch
Lichter." Watza schüttelt den Kopf: "Das ist alles Menschenwerk. Wie sollen wir Wichtel an so merkwürdige Dinge kommen?" Wutz überlegt: "Vielleicht holen wir sie uns einfach von den Menschen?" Doch
da schütteln alle den Kopf: Nein, noch einmal will sich keiner in so große Gefahr begeben. "Es wird ja wohl noch eine andere Möglichkeit geben!“, brummt der Biber. "Aber übermorgen ist schon
Weihnachten", erinnert Watza. "Bis dahin müssen wir einen richtigen Schimmerbaum haben, sonst wird mir mein Wotzchen wieder krank".
"Macht euch mal keine Sorgen!“, sagt da der Uhu plötzlich. "Für den Schimmer auf dem Baum werden wir Tiere sorgen!" Und als ihn alle erstaunt ansehen, kichert er in sich
hinein. "Ihr werdet es sehen", sagt er, "kommt Freunde, wir brechen auf!"
Der Tag vor Weihnachten ist voller Heimlichkeiten. Wotzchen darf nicht aus seinem Zimmerchen herauskommen - und das fällt dem Wichtelkind sehr schwer, denn aus der
Wohnhöhle kommen sonderbare Geräusche und Gerüche. Aber Wutz und Watza haben ihm gesagt: "Wenn du heute in die große Höhle guckst, dann ist der Schimmerbaum für immer und ewig verschwunden!" Und das
will Wotzchen nicht riskieren.
Der Uhu, der Fuchs, der Dachs, der Biber und die Maus haben allerlei herbeigebracht: Die Maus hat Tautropfen eingefangen - die hängt sie als glitzernde Kugeln an die
Tannenzweiglein. Der Uhu hat ein gefrorenes Spinnennetz gefunden - glänzende Bänder für den Baum. Der Fuchs schmückt die Tanne mit kleinen, getrockneten Beeren, die wundervoll duften. Der Dachs
schenkt den Wichteln kleine Zweiglein, die er kunstvoll zu Sternen zusammengefügt hat, und der Biber schenkt ihnen eine schimmernde Kette aus Wassertropfen. Zum Schluss kommt Hotz und
bringt eine goldene Spitze aus Herbstlaub. Und Wutz - ja, Wutz hat eine Kolonie von Leuchtkäfern gefunden, die er als Lichter in den Baum setzt. "Jetzt kann Weihnachten kommen!" freuen sich alle.
"Wotzchen wird begeistert sein!"
Ist das ein Jubel am Heiligen Abend, als Wotzchen den Weihnachtsbaum sieht! Und dazu tischt Watza der Familie und den Tieren gebratene Vogelbeeren mit einer köstlichen
Füllung auf. Wotzchen weiß gar nicht, was schöner ist: das, was er isst, oder das, was er sieht.
Und was macht man bei Tisch? Man erzählt Geschichten. "Neulich, es war kurz vor Ostern", fängt schließlich auch Hotz an zu erzählen, "auf einer meiner Wanderungen, da
habe ich etwas gesehen, was noch kein Wichtel gesehen hat. Und zwar im Garten eines Hauses der Menschen ..." "Der Menschen?" fragt Wotzchen und fordert: "Erzahlas uns. Bitte!" Und während
Watza und Wutz schon etwas irritiert gucken, fährt Hotz fort: "Da nahm eine Menschenfrau ihren Hühnern die Eier weg ..."
"... und machte Eierkuchen daraus!“, unterbricht da Watza Hotz abrupt, und Wutz droht ihm heimlich mit der Faust. Wotzchen, der schon wieder ganz interessiert ist, wie
immer, wenn jemand etwas über die schrecklichen Menschen erzählt, schüttelt jetzt den Kopf: "Magich keinen Eierkuchen!" Da atmen alle erleichtert auf und wenden sich wieder den gebratenen Vogelbeeren
zu.
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